Redaktion Politik
General-Anzeiger Bonn                                                                     Bonn, den 29.Mai 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,

bezüglich des heutigen Artikels „Die Zahl der Delikte sinkt“ möchte ich Ihnen Folgendes schreiben:

„Die Zahl der polizeilich dokumentierten Fälle häuslicher Gewalt ist im Vergleich zum Vorjahr gesunken. Ein gutes Zeichen? Das könnte es sein, wenn nicht zugleich die Hürden, Hilfe anzufordern, gestiegen wären!

Der Kinderschutzbund Bonn engagiert sich im Bereich Prävention und Familienhilfen. Wir erleben einen massiven Anstieg von Anrufen beim Kinder- und Jugendtelefon - der Nummer gegen Kummer - sowie eine Zunahme von Anrufen überforderter Eltern beim Familiennotruf. Dazu möchte ich auf folgende Pressemitteilung der Nummer gegen Kummer aufmerksam machen, die den Anstieg zahlenmäßig belegt und in der Bundesfamilienministerin Franziska Giffey die Wichtigkeit dieses Angebotes betont. Die Meldung, dass die Fälle häuslicher Gewalt rückläufig sind, ist aus unserer Sicht ein fatales Signal in die Gesellschaft – da Fachleute das Dunkelfeld häuslicher Gewalt als wachsend einschätzen1 und die Belastung für Familien in den letzten Wochen kontinuierlich gestiegen ist.

Es ist journalistisch richtig, über die Entwicklung der gemeldeten Fälle zu berichten. Jedoch wäre es aktuell mehr als wünschenswert, diese Zahlen auch einzuordnen und zum Beispiel zu recherchieren, warum die Zahlen rückläufig sind. Eine Abnahme häuslicher Gewalt können wir in unserer Arbeit nicht beobachten, wohl aber eine Zunahme an Schwierigkeiten, sich bei Gewalt an Hilfe- und Beratungsstellen zu wenden. Die Möglichkeiten, unbeobachtet zu telefonieren, sind geringer geworden und der psychische Druck führt häufig zu einer Isolation der Betroffenen. Zudem finden in Schutzräumen wie Schulen, Kitas und Jugendzentren noch nicht wieder alle Kinder Platz. Gerade in diesen vertrauten Umgebungen können aber niedrigschwellige Hilfsangebote wirksam werden.

Wir wünschen uns eine differenzierte Berichterstattung mit einem nicht nachlassenden Fokus auf die Schwächsten unserer Gesellschaft, die zugleich unsere Zukunft sind: die Kinder!“

Im Generalanzeiger sind immer wieder sehr gut recherchierte Reportagen und Berichte über Bonnerinnen und Bonner zu lesen. Wir würden uns freuen, wenn wir Sie für eine fundierte Reportage über Präventionsarbeit in Zeiten von Corona gewinnen könnten: unsere Fachkräfte haben kreative Wege gefunden, wie sie mit betroffenen Familien Kontakt trotz Distanzgebot finden können. Nehmen Sie dazu gerne Kontakt mit uns auf.

Herzliche Grüße und bleiben Sie gesund!

Ellen Heimes
Geschäftsführerin DKSB OV Bonn e.V.


1 https://www.tagesspiegel.de/politik/knochenbrueche-oder-schuetteltraumata-mediziner-berichten-von-massiver-gewalt-gegen-kinder/25833740.htm
                       

 

 

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